In unregelmäßigen Abständen werden hier zu Ereignissen aus der jüngsten Geschichte Essays erscheinen.
Einige Leser der Tageszeitung „Neues Deutschland“ werden sich verwundert die Augen gerieben haben, als sie am 20. März 1988 ihre Zeitung lasen. Die SED-Führung – allen voran der SED-Vorsitzende
Erich Honecker – versprach nun dem Glasnost-Kurs des Genossen Gorbatschow zu folgen. Der sogenannte „Glasklar-Kurs“ verspricht nicht nur Transparenz und Pluralismus, sondern es wird ein
liebenswerter Sozialismus angestrebt.
Dazu werden eine Reihe von gesellschaftlichen Reformen in der DDR in Aussicht gestellt. In einer Anzeige werden Reisen und Flüge nach Rom, Los Angeles, New York, Paris und London angepriesen.
Auch die von so vielen Menschen in der DDR geforderte Reisefreiheit wird garantiert.
Vor einem Supermarkt, an der Haltestelle der Tramlinien M1 und 50 in der Berliner Straße in Pankow, ist ein ein großes Mosaik auf dem Boden zu erkennen. Kaum einer der Passanten auf der belebten
Einkaufsstraße schenkt dem größere Beachtung. Die Jahreszahlen 1895 und 1995 und das Wort Bioskop sind dort zu sehen.
Doch es ist es ganz besonderer Platz: Hier wurden die ersten Filme der Weltgeschichte gezeigt, es war die Geburtsstunde des Kinos.
Katrin Raetz
“This is Jane Fonda. During my two week visit in the Democratic Republic of Vietnam, I've had the opportunity to visit a great many places and speak to a large number of people from all walks
of life--workers, peasants, students, artists and dancers, historians, journalists, film actresses, soldiers, militia girls, members of the women's union, writers.
I visited the Dam Xuac agricultural coop, where the silk worms are also raised and thread is made. I visited a textile factory, a kindergarten in Hanoi. The beautiful Temple of Literature was
where I saw traditional dances and heard songs of resistance. I also saw unforgettable ballet about the guerrillas training bees in the south to attack enemy soldiers. The bees were danced by
women, and they did their job well.
In the shadow of the Temple of Literature I saw Vietnamese actors and actresses perform the second act of Arthur Miller's play All My Sons, and this was very moving to me--the fact that
artists here are translating and performing American plays while US imperialists are bombing their country [...]” [1]
Die leidenschaftliche Stimme gegen den Vietnamkrieg gehört der amerikanischen Schauspielerin Jane Fonda. Über einen nordvietnamesischen Sender spricht sie zu den amerikanischen Soldaten.
Katrin Raetz
Vor 50 Jahren fand das 11. Plenum der SED statt, dass als “Kahlschlagplenum” in die Geschichte der DDR eingegangen ist. Dieses Plenum war die entscheidende Zäsur in der Kulturpolitik der DDR und veränderte das Verhältnis der Führungsspitze der SED zu den Künstlern nachhaltig. Mit einer bis dato in der DDR kaum gekannten Vehemenz werden Kunstwerke - vor allem Filme des Kinos und Fernsehens, aber auch einzelne Romane und Gedichte - von der Führung der SED angegriffen und sie für alle Mängel und Versäumnisse in DDR verantwortlich gemacht.
So Horst Sindermann, Abgeordneter der DDR-Volkskammer in seiner Rede auf dem Plenum:
“Das Ergebnis solcher Theorien sind eben “Kaninchenfilme” der DEFA, wo aus konstruierten Mängeln eine dem Menschen feindliche Umwelt entsteht, in der nur noch Karrieristen, Zweifelnde, Triebhafte, Schnoddrige, Berechnende, Brutale das Leben bestimmen und in einer in Grau und Zerfall gehaltenen Umgebung sich gegenseitig seelisch zerfleischen. Man muss offen sagen, das ist das Ende der Kunst”
Katrin Raetz
Mit tief bewegter Stimme verlas am 1. August 1973 der Nachrichtensprecher die Nachricht vom Tod Walter Ulbrichts:
“Das Zentralkomitee der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, der Staatsrat der DDR, der Ministerrat der DDR, das Präsidium der Volkskammer und das Präsidium des Nationalrates der
Nationalen Front der DDR geben in tiefer Trauer bekannt, dass das Mitglied des Politbüros des Zentralkomitees der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands und Vorsitzender des Staatsrats der
Deutschen Demokratischen Republik, (Herr?) Ulbricht, unser Genosse Walter Ulbricht, heute am 1. August 1973, um 12 Uhr 55 gestorben ist.”
Der Tod des einst mächtigsten Mannes der DDR fiel mit dem Höhepunkt der X. Weltfestspiele der Jugend und Studenten in Berlin zusammen. Doch nichts sollte das Bild des fröhlichen Festivals trüben,
auf dem sich die DDR so weltoffen und tolerant präsentieren wollte. In diesem Sinne erklärte der ZK-Sekretär Hermann Axen, dass es der ausdrückliche Wunsch des Genossen Ulbricht gewesen sei, das
Festival zu Ende zu führen, falls das Schlimmste für ihn einträte. Politisch allerdings war Ulbricht schon länger tot. Bereits im Mai 1971 zwangen ihn seine innerparteilichen Gegner zur Aufgabe
seiner wichtigsten Ämter.